![](https://blogger.googleusercontent.com/img/b/R29vZ2xl/AVvXsEj97eG7pCuideD8n4_ANP7NNRNtbnQtq2crvevUWD6I9LRyr3I0ktFNKdIlvSXzF6_-Il1jJ-B6rah5k5oRQDqUfBapSoNkHGwm3vTTC2fTHRhA4SsshH4frOjz_cv2fuNMTwX0fWR7vm2U/s400/CaselGot.gif)
Das ultimative Meßgewand, nach "gotischen" Proportionen entwickelt (wenn auch keine gotische Glockenkasel)
Man benötigt 3,10m Stoff (1,60 m breit) und 7,50 m Stab (je nach Muster auch mehr).
Und so sieht es dann konkret aus.
Ein Freund schrieb mir zum neuen Fenster im Südquerhaus des Kölner Doms von Gerhard Richter:
„Ich verfolge seit ein paar Tagen mit Staunen die Diskussion um das neue Fenster im Dom zu Köln. Ob einem die Abstraktheit gefällt oder nicht, das kann jeder für sich selbst ausmachen. Aber was die Äußerungen des Herrn Kardinal so verblüffend macht, ist, daß dabei dessen Unkenntnis der ganzen theologischen, ästhetischen und symbolischen Zusammenhänge in einem gotischen Kirchbau ins helle Licht gerückt wird. Der Mann weiß offenbar weder über seine eigenen theologischen Traditionen Bescheid, noch weiß er, an welchem Ort er ist - für mich ein Beispiel einer sensationellen unzulässigen intellektuellen Unbedarftheit im Amt, was sogar einen Protestanten ärgert.“
Ich meine auch, der Kardinal hätte besser einfach nichts gesagt. Es gehen ihm eben gerne mal die Pferde durch. Nach seiner Argumentation müßte man den Altenberger Dom den Muslimen anbieten oder neu verglasen (am besten mit Bildern von Sieger Köder, das versteht wenigstens jeder!), denn die dortige hochmittelalterliche Grisaille-Glasmalerei ist ja auch abstrakt (nur Blätter).
Ich bin in Köln gewesen. Das Fenster paßt und entfaltet seine Wirkung. Es ergab sich zufällig ein Gespräch mit einer Klasse Lernbehinderter (8. oder 9. Schuljahr). Aufhänger war die Frage eines Schülers: „Was war denn da vorher?“ Ich erklärte, daß das neugotische Original samt Plänen im Krieg verlorengegangen sei und man danach ein farb- und bildloses Provisorium eingesetzt habe.
Auf meine Frage, wie sie das Fenster finden, sagten sie als erstes: „Sieht klasse aus.“
Gut, daß es sie an Pixel erinnerte, näherhin an einen Bildschirm, wenn der Rechner abstürzt, war nicht gerade ein optimaler katechetischer Aufhänger; ich wies lediglich darauf hin, daß es hierbei nicht um Abstürzen ginge, ganz im Gegenteil.
Daß man sich mit dem neuen Kunstwerk farblich und formal zurückgehalten, auf eine eigene (handfest-figürliche) Aussage verzichtet und die Farben der vorhandenen Fenster gewählt hatte, gefiel den Schülern. Einer sagte: „Also sind alle Fenster in diesem einen mit drin.“
Die theologischen Zusammenhänge sind in einer gotischen Kathedrale, die ja ein Gesamtkunstwerk aus Form, Farbe, biblisch-geschichlicher Erzählung und theologisch-liturgischer Aussage ist, so komplex und sensibel, daß man, wie man so schön sagt, genauer hinsehen muß. Z.B.: Was gehört vom ursprünglichen Konzept her in das Südfenster? Was ist in der Nachbarschaft und gegenüber dargestellt und warum?
Ein abstraktes Fenster ist hier natürlich keine konkret-inhaltliche Antwort. Das aber ist wiederum auch eine Antwort, die sagt: Wir wollen oder können heute in diesem sensiblen Geflecht der Beziehungen und Aussagen keine (inhaltliche) Aussage machen, darum beschränken wir uns auf die Farben (die alle aus vorhandenen Fenstern zitiert sind, damit bringt das Fenster nichts Neues), die Wirkung des Lichtes (die genau dem entspricht, was die Gotik intendiert) und die moderne Form (damit man sieht, daß es von heute ist).
Als Protestant mußt Du dich nicht ärgern, das macht doch Huber-Bubba schon für Dich ganz ordentlich ...
Zum Richterfester und einem Gang durch das Triforium des Kölner Domes
Rekonstruktion des "Alten Doms" (804)
Ulrich Terlinden, Die Theologie der gotischen Kathedralen (PDF)