Im anschließenden Gespräch zwischen Sternberg und Mosebach wies zunächst letzterer den oft wiederholten „Ästhetizismusvorwurf“ entschieden von sich: Liturgie, ja Glaube, werde von Menschen vollzogen, und diese begriffen nun einmal mit den Sinnen.
Veränderungen in der alten Liturgie seien immer mit dem Ziel des Bewahrens oder der Rückkehr zum Alten, zum Kern vollzogen worden. Die Reform Pauls VI. hatte das Ziel des Änderns (z.B. Gebete zur Gabenbereitung, die früher den Eintritt ins Opfergeschehen ausdrückten, heute einem jüdischen Tischgebet ähneln).
Sternberg wies Mosebach einige historische Unstimmigkeiten nach. Mosebach blieb davon ungerührt. Er vertrat seinen Standpunkt weiterhin mit Vehemenz. Sterbergs suchte den Ausgleich („Wir sind da nahe beieinander.“). Es zeigte sich die Übereinstimmung in der Sicht der Probleme. Während aber Mosebach die gregorianische Messe als Lösung vorschlug, blieb Sternberg dabei, daß es im Ritus kein grundsätzliches Problem gebe, das sei eher im Glaubensschwund zu sehen, und da helfe der Ritus nichts.
In der engagierten Diskussion mit dem Publikum warf ein Priester Mosebach vor, er vertrete eine nicht zu verantwortende Gemeindetheologie, in dem er das Volk Gottes (wieder) entmündigen und der Macht des Klerus unterstellen wolle, was Mosebach leicht widerlegen konnte, indem er aufzeige, daß die gregorianische Messe viel „demokratischer“ sei, weil dort Priester und Volk gemeinsam unter dem Ritus stünden und dem Priester (und sonstigen Personen) kein Spielraum für eigenmächtige Veränderungen gegeben sei.
Die weiteren Äußerungen waren, soweit ich mich erinnere, ausschließlich „pro missa gregoriana“.
Am Ende entkräftete ein Pfarrer, der selbst regelmäßig die Messe in der gregorianischen Form feiert, die These Sternbergs von der anderen liturgietheologischen- und rechtlichen Situation in der paulinischen Messe (Volk als konstitutiver Bestandteil für ihre Gültigkeit), indem er darauf hinwies, daß es zur Zelebration der gregorianischen Messe immer wenigstens eines Meßdieners bedurfte und daß erst das paulinische Meßbuch einen eigenen Meßordo „sine populo“ eingeführt habe.Eine kirchenrechtliche Argumentation führe in dieser Sache nicht weiter, weil sie in der Praxis nicht von Interesse sei. Er äußerte die Vermutung, daß Papst Benedikt die „Alte Messe“ wieder allgemein zugelassen haben, damit es zu einer Versöhnung, zu einem unverkrampften Umgang mit beiden Formen der einen römischen Messe komme und die beiden Ordines sich gegenseitig bereichern. Er selbst entdecke die Dramaturgie der gregorianischen Messe als bereichernd, hier seien vor allem das Stufengebet, die gemeinsame Gebetsrichtung, die vielen Zeichen der Ehrfurcht und die Exaktheit der Zelebration zu nennen.
Ein großes Dankeschön gilt den Borromäern, die den Abend organisiert, und die Hausleitung des Bischöflichen Priesterseminars, die die Einladung an das „Schmuddelkind“ Martin Mosebach zugelassen und durch ihre Präsenz mitgetragen haben!
Übrigens habe ich dem Freund geantwortet:
„Wirklich zufrieden sein kann man mit dem gestrigen Abend nicht. (Übrigens fand ich Mosebach im Gespräch auch nicht ganz überzeugend - Herzblut allein hilft nicht.) Aber vergiß nicht: Das Ganze hat in der Aula des Priesterseminars - Domplatz 8 in Münster - stattgefunden; die Hausleitung, etliche Priester waren da. Das Thema ist in der Mitte angekommen. Nun muß es wirken - oder besser der Hl. Geist.
Daß den Altliberalen mit Argumenten nicht beizukommen ist, ist ja nichts Neues. Von Lebensalter und -geschichte her kann ich das sogar verstehen. Aber man hat miteinander gesprochen. Das wäre vor wenigen Jahren nicht denkbar gewesen.
Also: Freuen wir uns, erlöst zu sein (so ganz grundsätzlich sowieso und auch durch summorum pontificium), und überlassen wir den Rest betend und handelnd dem Lenker der Zeiten.“