Sonntag, 27. Oktober 2024

Reichenau: Ausstellung "Welterbe des Mittelalters - 1300 Jahre Klosterinsel Reichenau"


1300 Jahre nach der Gründung der Klosterinsel Reichenau durch den hl. Pirmin gab es 2024 in Konstanz eine Ausstellung, bei der man die kostbarsten Bücher der Welt, eine der ältesten Glocken des Abendlands und den ältesten Wetterhahn bestaunen konnte - zudem die "Raumfunktionen" des St. Galler Klosterplans. (Liste der Reichenauer Handschriften)


Eine der ältesten erhaltenen Glocken des Abendlandes (Handglocke aus dem von Pirmin gegründeten Kloster Hornbach, um 800, so groß wie eine Menschenhand): 



Der Weihrauchlöffel im Bild unten ist das einzige erhaltene frühmittelalterliche liturgische Gerät aus dem Kloster Reichenau (9. Jh.?): 


Karolingischer Wetterhahn, der älteste seiner Art (9. Jh.) aus dem Benediktinerkloster St. Faustinus in Brescia (hier und hier): 


Armreliquiar der hl. Verena (siehe auch hier) aus dem zur Reichenau gehörenden Kloster Zurzach (um 1300), wo Verena Kranke und Bedürftige versorgte, wusch und kämmte. Letzteres ist im Reliquiar ausgedrückt: 


Die Raumfunktionen des auf der Reichenau gemalten St. Galler Klosterplans

Die geistliche Richtung geht von West (Sonnenuntergang, "Welt", Böses) nach Ost (die aufgehende Sonne steht für Christus). So ist zu verstehen, daß Ziegen und Schafe (Pergamentlieferanten) ihren Ort im Westen haben und noch weiter westlich die Schweine und Pferde, Kranke wie der Friedhof aber im Osten. Daß dort aber auch die Novizenkapelle liegt, ist bemerkenswert. So sollen die "Neulinge" am Beginn ihres Weges mit dessen Ziel vertraut werden. 





Ost- und Westchor der Klosterkirche: 



Die "Vita des hl. Kolumban des Älteren" (Vita S. Columbani), verfaßt von Abt Adamnan von Iona (Irland, 7./8. Jh.), von Irland auf die Reichenau gelangt:


"Gallischer", "Zürcher" oder "Reginbert-" Psalter in alemannischen Minukeln, eines der ältesten Bücher von der Reichenau (um 825) - so laut Informationstafel:


"Hornbacher Sakramentar", auf der Reichenau für Abt Adalbert von Hornbach (reg. 972-993) geschrieben:


Der "Gero-Kodex", die älteste Reichenauer Prachthandschrift mit figürlichen Darstellungen, geschrieben kurz vor 969 von einem Schreiber namens Anno für den Kölner Domherren und späteren Erzbischof Gero:


Das "Limburger Evangeliar" (Anfang 11. Jh.), eines der am reichsten ausgestalteten mittelalterlichen Evangelienbücher. Die auf das Wesentliche reduzierte Darstellung und der beherrschende Goldgrund bewirken eine geistliche Intensität. Die Wirkung des Goldes kann man nicht photographieren; es entfaltet sein "überirdisches" Schimmern nur, wenn man davorsteht. 


Festtagsevangeliar mit Kanontafeln des hl. Eusebius von Caesarea (zusammengestellt, Reichenau um 1030 und um 1050)...

- der Tod Mariens:


- der Anfang eines Abschnitts aus dem Lukasevangelium (Besuch Jesu bei Martha und Maria Lk 10, 38-42). Das Wort Jesu ("Aber eines nur ist notwendig. Maria hat den guten Teil erwählt, der wird ihr nicht genommen werden.") hat hier eine prächtige Frucht hervorgebracht:


Diese Handschrift aus dem frühen 9. Jh. wird in der Ausstellung "Schulheft eines irischen Mönches" genannt, "ein außergewöhliches Zeugnis der karolinigschen Bildung". Weiter heißt es: "Zu verschiedenen Themen wie etwa Astronomie oder lateinische Literatur notierte der Autor (ein anonymer Reichenauer Mönch) seine Anmerkungen. Eingestreute irische Gedichte - etwa zu Pangur Bán, der weißen Katze - machen das Schulheft einzigartig und belegen die Verbindungen der Reichenau nach Irland." 


Links der Teil einer 1973 ausgegrabenen Altarschranke aus SS. Peter und Paul Niederzell, die (rechts dargestellt) Verbindungen zu Reliefs aus Venetien zeigt. Auf der Informationstafel heißt es: "Es ist davon auszugehen, dass Bischof Egino von Verona um das Jahr 800 italienische Werkleute für seinen Kirchenbau auf die Reichenau mitbrachte":


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