Montag, 1. August 2011

Himmel und Hölle

aus: C. S. Lewis, Die große Scheidung, Johannes-Verlag 102003

»Und darum werden am Ende aller Dinge, wenn hier die Sonne aufgeht und dort unten das Zwielicht zur Nacht wird, die Seligen sagen: „Wir haben niemals anderswo gelebt als im Himmel“, und die Verlorenen:  „Wir waren immer in der Hölle.“ Und beide werden die Wahrheit sagen.«
»Herr, ist das nicht sehr hart?«
»Ich meine, daß dies der eigentliche Sinn dessen ist, was sie sagen werden. Die tatsächliche Sprache der Verlorenen, die Worte, die sie brauchen, werden zweifellos anders lauten. Der eine wird sagen, er hat immer seinem Vaterland gedient, ob es im Recht war oder im Unrecht; ein anderer, daß er alles der Kunst geopfert hat; einige, daß sie sich niemals haben beschwatzen lassen, einige, daß sie, Gott sei Dank, immer auf den Mann an der Spitze gesehen haben, und beinahe alle, daß sie wenigstens sich selbst treu geblieben sind.«
»Und die Erlösten?«
»Ach, die Erlösten ... was denen geschieht, läßt sich am besten als das Gegenteil einer Fata Morgana beschreiben. Was, als sie es betraten, wie das Tal des Jammers aussah, das stellt sich beim Zurückblicken als eine Oase heraus; und wo die Gegenwartserfahrung nur Salzwüsten sah, da verzeichnet das Gedächtnis wahrheitsgemäß Brunnen lebendigen Wassers.«
»Dann haben also jene Leute recht, die sagen, Himmel und Hölle seien nur Gemütszustände?«
»Still«, sagte er streng. »Lästert nicht. Hölle ist ein Gemütszustand – Ihr habt nie ein wahreres Wort gesprochen. Und jeder Gemütszustand, jedes sich Verschließen des Geschöpfes in dem Verließ seines eigenen Gemüts –, ist am Ende Hölle. Aber der Himmel ist kein Gemütszustand. Himmel ist Wirklichkeit selbst. Alles, was ganz wirklich ist, ist himmlisch. Denn alles Erschütterliche soll erschüttert werden, auf daß da bleibe das Unerschütterliche.«