Montag, 16. Mai 2016

Als noch klar war, wo der Feind stand

Gestern habe ich von einem lieben Verwandten mit Augenzwinkern beiderseits die "Kulturbilder - Wider die Pfaffenherrschaft" von Wilhelm Rosenow und Heinrich Ströbel geerbt.

Dieses zweibändige Werk aus dem Jahr 1900 bietet nach eigenen Angaben "Kulturbilder aus den Religionskämpfen den 16. und 17. Jahrhunderts". 

Nach einem ersten Durchblättern will ich doch gleich mal zwei Funde zeigen:

Einen Original-Ablaßbrief (Abb. 299) - kann ja mal wieder wichtig werden...:



Wer dise figur eret mit einem pater noster 
der het 14 dusent jar ablas
und von 43 bebsten der gab ieghlicher 6 jar
und von 40 bischoffen
von ieglichem 40 tag
und den ablas hat bestetigt babst Clemens

Und - politisch herrlich unkorrekt - ein satirisches Flugblatt auf den Calvinismus (Abb. 297, "Der siebenköpfige Calvinistengeist"):




1.
Humaniter.
Freundlich wie ein Mensch.

Diß ist der Calvinisten Geist/
Der in der welt sehr starck einreist/
Mit sieben Häuptern der gestalt
Wie man allhie sicht fürgemahlt.
Der anfangs freundlich stellet sich,
Gantz höfflich und holdseligklich,
Gar glimpfflich/ erbar/ sittsamb/ still/
Biß es sich geht nach seinem Will/
Und bleibt doch falsch im Hertzen sein/
Führt eins falschen Propheten schein.

2.
Humiliter.
Demütig wie ein Lamb.

Demütig halt er sich entzwischen/
Biß er sein Vortheil thut erwischen/
Gedultig wie ein Lämblein mild/
Das nit kan sein grim oder wild.
Er legt ein rechtes Schafkleid an
Den Schalck man nit leicht sehen kann.

3.
Callide.
Listig wie ein Fuchs.

Bald er sich eingelogen hat
Und gfunden angeneme stat
Verändert er geschwind und bald
sein vorig Mensch und Lambs gestalt;
Er wird ganz listig wie ein Fuchs
Betrieglich handlet hinterrucks/
Mit dieser seiner Listigkeit
Er allgemach noch weiter schreit.

4.
Insatiabiliter.
Unersättlich wie der Wolff.

Eins Wolffen art nimbt er an sich
Sein Hunger plagt ihn hefftiglich/
Umb sich er geitzig reis und beist/
Gar unersättlich ist der Geist/
Tracht nit allein nach Haab und Güter/
Besonder auch nach Seel und Gmühter.
Nichts hat die Welt das ihn erfüll/
Jemehr er schlickt / je mehr er will.

5. 
Sanguinolenter.
Blutgirig wie ein Leopard.

Geht es ihm nit nach seinem Muet/
So raubet er mit Mord und Blut/
Als wie ein wilder Leopard
Nimpt er an sich Tyrannen art/
Verschonet weder Freund noch Feind
Wie solchs im gantzen Reich erscheint.
Und man vor Augen täglich sicht
Was er für Blutbad angericht.

6.
Flammis furiose.
Fewrig wie der Drack.

Mit schröcklichisten Fewr und Brand
Zerstöret er vil Reich und Land/
Sein wütig tobend Fewersflamm
Schlägt jämmerlich in dhöh zusamm/
Dadurch vil Seel und Leib verderben/
Vil zeitlich ja gar ewig sterben.

7.
diabolice.
In allem thun und lassen wie der Teuffel.

Gleich wie der Höllische Sathan
Von anfang nie nichts guts gethan/
Ja alles ubel hatt gestifft/
Also thut auch diß Ketzergifft
Der falsche Calvinistien Geist
Der nur zu schaden sich befleist.
Sein Wort/sein Werck/Gedancken all
Nur richten zu des nechsten fall.
Hüt dich vor ihm/O frommer Christ/
So lieb dir Leib und Leben ist.

Um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen: Ich gelte als Prostestantenversteher und lege Wert darauf! ;-)

Samstag, 14. Mai 2016

Pfingsten - das bleibend energ(et)ische Ereignis

Pfingsten – was ist das für ein Fest? Das Wort kommt vom griechischen „pentecostes“ und heißt schlicht „fünfzig“. Pfingsten wird fünfzig (7x7+1) Tage nach Ostern, nach der Auferstehung Christi gefeiert. Bereits nach vierzig Tagen hatten die Erscheinungen des Auferstandenen aufgehört und Christus war in den „Himmel“, die unsichtbare Welt gegangen. Er hatte den Jüngern den Heiligen Geist verheißen, der auch „Tröster“ und „Beistand“ genannt wird. Dieser göttliche Geist würde sie zu seinen Zeugen in aller Welt machen.

Der Heilige Geist kam dann am fünfzigsten Tag in den Zeichen von Sturm und Feuerzungen auf die Jünger herab. Er öffnete den bis dahin durch den Tod und die Auferstehung verwirrten Jüngern das Herz und den Mund, und sie begannen, Jesus als den Sohn Gottes und Erlöser der Welt zu verkünden. Petrus hielt die „Predigt seines Lebens“: Auf einen Schlag kamen dreitausend Zuhörer zum Glauben an Christus und ließen sich taufen. Das lag daran, daß der heilige Geist nicht nur in Petrus wirkte, sondern auch in seinen Zuhörern: Sie kamen aus verschiedenen Ländern und wunderten sich, daß sie ihn alle in ihrer Sprache verstehen konnten.

Das alles kann man in den ersten beiden Kapiteln der Apostelgeschichte nachlesen.

Übersetzen wir das Erzählte: Der Heilige Geist kommt in Zeichen, die Energie anzeigen. Wind und Flammen dürfen wir symbolisch verstehen: Welche „Zeichen“, Erlebnisse wirken auf mich „energetisch“, kraftvoll und kräftigend? Wo treibt es mich, die Wahrheit zu sagen, wo verstehe ich die Wahrheit tiefer?

Wo anregende, stärkende, ermutigende und klärende Kräfte wirken und Menschen zur Erkenntnis Gottes führen, ist Gott am Werk. Das gilt nicht nur für den, der diese Wahrheit verkündigt, sondern auch für den, der sie versteht, sich angesprochen fühlt.

Christliche Verkündigung und christlicher Glaube entstehen also nicht aus eigenem Entschluß oder einem Pflichtgefühl, sondern aus einem spirituellen (=geistlichen) „Erlebnis“. Hieraus erwächst dann auch der Antrieb zu guten Taten, die darum nicht mein sondern Gottes Werk sind.

Gehen wir noch einen Schritt weiter, über die „Mühen“ der Predigt, des Hörens und der guten Werke hinaus. Am Dienstag vor Pfingsten betet die Kirche im „Tagesgebet“: „Allmächtiger und barmherziger Gott, sende den Heiligen Geist auf uns herab. Er wohne in uns und mache uns zum Tempel seiner Herrlichkeit.“ Hier scheint die „Herrlichkeit“, der Glanz und die Schönheit des christlichen Glaubens auf. Der Mensch wird schon durch den Glauben an Christus und die Taufe zu einem Tempel Gottes. Doch das ist kein Zustand, sondern bleibt etwas Lebendiges: Der Heilige Geist ist die unablässige Verbindung zum Himmel, die Gott selbst in uns anlegt, durch die er uns tröstet, belebt und Erkenntnis schenkt.


Durch den Heiligen Geist macht Gott sich selbst in uns „zum Gebet“: „Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich’s gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen.“ (Röm 8, 26)

Beitrag zur Rubrik "Bedenkliches" im Kevelaerer Blatt

Die göttliche Dreifaltigkeit erklärt...

... von Leo dem Großen (+ 461), Aus einer Predigt zum Pfingstfest:

Eine ewig währende Eigenheit ist es für den Vater, der Erzeuger eines ihm gleich ewigen Sohnes zu sein; eine ewig währende Eigenheit ist es für den Sohn, zeitlos vom Vater hervorgebracht zu sein; auch für den Heiligen Geist ist es eine ewig währende Eigenheit, der Geist des Vaters und des Sohnes zu sein. 

Daher ist der Vater nie ohne Sohn, nie sind Vater und Sohn ohne den Heiligen Geist gewesen. In ihrer Existenz sind alle Zeitstufen ausgeschlossen; keine Person ist früher, keine später. 

Denn die unwandelbare Gottheit dieser seligen Dreifaltigkeit ist eins im Wesen, ungeteilt im Werk, übereinstimmend im Willen, gleich in der Allmacht, ebenbürtig in der Herrlichkeit. 

Wenn die Heilige Schrift von ihr so spricht, daß sie ihr Taten oder Worte zuschreibt, die den einzelnen Personen zu entsprechen scheinen, wird der katholische Glaube dadurch nicht verwirrt, sondern belehrt, so daß durch die Eigentümlichkeit der Stimme oder des Werkes die Wahrheit der Dreifaltigkeit eindringlich eingeschärft wird: der Verstand soll nicht trennen, was das Gehör unterscheidet. 

Deswegen nämlich werden gewisse Dinge unter Nennung des Vaters oder des Sohnes oder des Heiligen Geistes vorgebracht, damit das Bekenntnis der Gläubigen in der Dreifaltigkeit nicht irre. Da sie ja in sich untrennbar ist, würde man nie darauf kommen, daß es eine Dreifaltigkeit gibt, wenn diese immer ungetrennt genannt würde. 

So zieht also gerade die Schwierigkeit, darüber zu sprechen, unser Herz zum richtigen Verständnis hin, und gerade wegen unserer Schwachheit kommt uns die himmlische Lehre zu Hilfe. 

Weil in der Gottheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes nicht an eine einzige Person noch an eine Verschiedenheit der Natur zu denken ist, kann die wahre Dreifaltigkeit gleichzeitig im Geist gedacht, aber nicht gleichzeitig mit dem Mund ausgesprochen werden. 

Wenn dieser Glaube in unsern Herzen fest gegründet ist, dann glauben wir auf heilbringende Weise, daß die ganze Dreifaltigkeit zusammen eine Kraft, eine Majestät, ein Wesen ist, ungeschieden im Wirken, untrennbar durch die Liebe, ununterschieden in der Macht, die alles zugleich erfüllt und alles zugleich umfaßt.

Mittwoch, 4. Mai 2016

Christi Himmelfahrt - Christus ist gegenwärtiger

Damals wurde der Menschensohn auf höhere und heiligere Weise als Gottes Sohn anerkannt. Als der Menschensohn sich in die Herrlichkeit der väterlichen Majestät zurückzog und auf unaussprechliche Weise begann, seiner Gottheit nach gegenwärtiger zu sein, während er seiner Menschheit nach in größere Ferne rückte.
...
So wurde der Glaube dorthin gerufen, wo Christus als der dem Vater gleiche, einzige Sohn nicht mit körperlicher Hand, sondern mit geistigem Verständnis berührt würde. Als daher Maria aus Magdala, welche die Person der Kirche darstellt, nach der Auferstehung des Herrn zur Berührung seines Leibes herbeieilt, sagt er zu ihr: „Berühre mich nicht, denn noch bin ich nicht zu meinem Vater hinaufgegangen.“ (Joh 20,17) Damit will er sagen: Ich will nicht, daß du mich mit leiblichen Sinnen erkennst; ich verweise dich auf Höheres, ich bereite dir Größeres. Wenn ich zu meinem Vater aufgestiegen bin, wirst du mich vollkommener und wahrer betasten; dann wirst du wahrnehmen, was du nicht berührst, und glauben, was du nicht siehst.
...

Laßt uns also mit geistlicher Freude jubeln und uns freuen, indem wir Gott würdig danken; laßt uns die nicht mehr gehaltenen Augen (vgl. Lk 24,16) unseres Herzens zu jener Höhe erheben, in der Christus ist.

Leo der Große († 461), Aus einer Predigt zum Fest Christi Himmelfahrt