Donnerstag, 27. April 2017

Abtei Gerleve

Am 26. März 809, auf dem Weg von Coesfeld (für nicht Nordwestdeutsche: "Kohsfeld", hyperkatholisch: "Zösfeld")...


... nach Billerbeck, spürte der heilige Ludgerus, nach Willen Karls des Großen erster Bischof von Münster, den nahenden Tod.


Im "dunklen Land der Sachsen" (Präfation, s. u.) hatte er das Evangelium verkündet. Er hatte dabei schon christliche Gemeinden vorgefunden, aber nach dem Sieg Kaiser Karls hatte dieser ihm die Aufgabe übertragen, die kirchliche Struktur zu ordnen, was zu seiner Bischofsweihe und die Gründung eines neuen Bistums mit Sitz in Mimigernaford, dem nachmaligen Münster (von "monasterium") führte.


Nun war der Zeitpunkt seines Heimgangs gekommen: Auf der Höhe von Gerleve segnete er, sterbend und gestützt von zwei jungen Mitbrüdern, das Münsterland, schaffte dann noch die 8 km bis nach Billerbeck, wo er dann starb. Ein Lied beschreibt seine Geschichte.



"Siehst, gestützt in deinem Sterben, auf dein treues Münsterland."
Nahe bei "Ludgerirast", dem Ort, wo Ludgerus seinen letzten Segen gab, wurde erst 1899 die Benediktinerabtei Gerleve gegründet. Diese einst in der Beuroner Kongregation verächtlich "Rübenkloster" genannte Abtei hat sich zum Leuchtturm des Benediktinertums in Deutschland gemausert: sehr gepflegte Liturgie: die drei kleinen Horen werden gebetet, Hochamt mit vollständigem Choral, Vesper und Komplet in Latein... Wie der Westfale in seiner höchsten Begeisterung sagt: "Da kann man nichts gegen sagen." 


Kirche und Kloster wurden von P. Ludger Wilhelm Rincklake OSB (1851 – 1927) im neuromanischen Stil geplant; die Kirche ist bis heute nicht fertiggestellt (es fehlt der Chorraum); der Bau des Klosters ist in den östlichen Teilen erst in den 1930er Jahren stilverändert fertiggestellt worden. Die Außengestalt der Kirche und der Abtei wurde wegen Witterungsschäden von Dominikus Böhm restauriert und im Stil der Zeit umgestaltet.


2004 erfolgte die Weihe des neuen Vierungsaltars nach einer gründlichen Renovierung und der Neugestaltung der Abteikirche, bei der vor allem der immer noch provisorische Ostabschluß verändert wurde.


Der bei dieser Gelegenheit verlegte hochglänzend polierte schwarze Granitboden unter dem Altar verfehlt seine Wirkung nicht:




Ein wirkliches Schauspiel ist es, wenn zur Vesper die Abendsonne durch die Westfenster in die Kirche scheint und den Baumberger Sandstein zum Leuchten bringt. 




Eine moderne, bemerkenswert präsente wie entrückte Figur des Klosterpatrons St. Josef von Bruno Walpoth wurde 2016 angeschafft. Es zeigt den jungen Josef bei der Darbringung des Ersatzopfers für den Erstgeborenen. 




Eine weiter Figur des Klosterpatrons befindet sich in der Klausur.




Bei sehr westfälischem Wetter machte ich auf dem Sint-Lürs-Weg eine Wallfahrt zur Sterbekapelle im ebenfalls von Rincklake erbauten Billerbecker Dom. Die Kapelle befindet sich im Südturm des neugotischen Prachtbaus, dort, wo einst die älteste St. Nikolauskapelle nördlich der Alpen stand (damals lag er noch in Myra), woran am Portal und auch im Inneren erinnert wird.



Westportal: links der Heilige Nikolaus, rechts der heilige Ludger:




Die Sterbekapelle:





Détail aus dem Westfenster (Orgelbühne): Der heilige Gregor empfängt den Choralgesang vom Heiligen Geist:






Das Vollmissale zum Fest des Heiligen Ludgerus und zur Votivmesse ist hier abrufbar (unter Heiligenfeste).

PRÄFATION VOM HEILIGEN LUDGERUS

In Wahrheit ist es würdig und recht, dir allmächtiger Gott, 
immer und überall zu danken 
und dich am Hochfest (bei der Verehrung) des heiligen Ludgerus 
zu rühmen und zu preisen. 

Er trug das Licht der Wahrheit in das dunkle Land der Sachsen. 
Er beugte den Stolz der Heiden durch machtvolle Zeichen und Wunder. 
Er führte sie als guter Hirte zum Brunnen der Taufe 
und fügte sie so ein 
in den geheimnisvollen Leib deines Sohnes, 
unseres Herrn Jesus Christus. 

Durch ihn loben die Engel deine Majestät,
beten dich an die Mächte, erbeben die Gewalten.

Die Himmel und die himmlischen Mächte
und die seligen Seraphim feiern dich jubelnd im Chore.
Mit ihnen laß auch unsere Stimmen sich vereinen
und voll Ehrfurcht rufen:


Quelle


PRÆFATIO DE SANCTO LUDGERO

Vere dignum et justum est, æquum et salutáre, 
nos tibi, Deus Pater omnípotens, grátias ágere 
teque in sollemnitáte (in veneratióne) sancti Ludgéri 
collaudáre, benedicáre et prædicáre. 

Qui lucem tulit veritátis in terram Saxónum tenebrósam; 
qui flexit paganórum supérbiam signis magnis atque prodígiis; 
quique illos pastor bonus ad baptísmæ addúxit fontem 
et sic córporis Fílii tui mýstico insérvit, 
Dómini nostri Jesu Christi. 

Per quem majestátem tuam laudant Ángeli, 
adórant Dominatiónes, 
tremunt Potestátes. 
Cæli cælorúmque Virtútes, ac beáta Séraphim, 
sócia exultatióne concélebrant. 
Cum quibus et nostras voces, ut admítti júbeas deprecámur, 
súpplici confessióne dicéntes:


Direktzugriff zum Ludgerus-Vollmissale: Heft - Einzelseiten


LIED ZU EHREN DES HEILIGEN LUDGERUS


1. Sankt Ludgerus, geistdurchdrungen
du einst zu den Sachsen kamst.
König Karl hatt’ sie bezwungen.
Du die ihrer Seel’ annahmst:
„Einen Gott in drei Personen
liebet, rufet, betet an!
Er will gnädig bei euch wohnen,
der als Mensch selbst Fleisch annahm.“

2. Sankt Ludgerus, geistgetrieben 

sätest du die heil’ge Saat,
bist bei Gottes Wort geblieben, 
der dein Werk gesegnet hat: 
Tauftest sie in Christi Namen, 
salbtest sie mit seinem Geist. 
Die aus Tod und Dunkel kamen, 
hüllt das Kleid, das Licht verheißt.

3. Sankt Ludgerus, geistgegeben 

wußtest du die Stund voraus, 
da du solltst aus diesem Leben 
ziehn in Gottes Vaterhaus. 
Siehst, gestützt in deinem Sterben, 
auf dein treues Münsterland. 
Gottes Segen zu vererben, 
hebst du deine Vaterhand.

4. Sankt Ludgerus, geistgekrönet 

gingst du heim ins ew’ge Licht, 
schaust dort, was du hier ersehnet. 
So vergiß die Deinen nicht. 
Hilf, daß wir auf Christi Wegen
gehen, so wie du gelehrt. 
Schirm die Kirch’ mit deinem Segen, 
daß ihr Lobpreis ewig währt.

5. Lob dem Vater, Preis dem Sohne, 

Ehre sei dem Heil’gen Geist. 
Dich, ein Gott im höchsten Throne, 
dankbar deine Kirche preist. 
Laß uns mit Ludgerus schauen 
deine Stadt Jerusalem, 
hier an deinem Reiche bauen, 
dort im Chor der Heil’gen stehn.

T. Ulrich Terlinden 1999/2013, M. Cyril Vincent Taylor 1941 („Abbots Leigh“)



Liedblatt zum Ausdrucken


Das Lied "Sankt Ludgerus geistdurchdrungen" im Münsterschen Dom bei der Großen Prozession 2016:



3 Kommentare:

dilettantus in interrete hat gesagt…

Hast Du ein Bild des Chorabschlusses von außen?

ad tiliam hat gesagt…

Leider nicht. Es gibt auch keines im Netz. Das nächste Mal nehme ich einen vernünftigen Photoapparat mit und schleiche mich in den Garten. :-)

Norbert hat gesagt…

Es gibt im Billerbecker Dom einen wunderbaren St. Josefs-Altar