Freitag, 7. Oktober 2022

Stiftskirche Cappenberg - Gottfried, die Prämonstratenser und Kaiser Barbarossa


Graf Gottfried von Cappenberg hatte sich beim Investiturststreit gegen den Kaiser für die Seite des Papstes entschieden und bei dieser Gelegenheit den Dom zu Münster abbrennen lassen. 


Büßend und obwohl wirtschaftlich hoffnungsvoll mit Jutta/Ida von Arnsberg verheiratet, entschloß er sich, der Predigt des heiligen Norbert von Xanten zu folgen, Prämonstratenser zu werden und auch seine Frau - gegen deren Willen - ins Kloster zu schicken, aus dem sie übrigens nach Gottfrieds Tod wieder austrat und heiratete.


Gottfried schenkte seine Burg dem neuen Orden. Sie wurde zum ersten Prämonstratenserkloster in Deutschland und die Cappenberger Farben zum Wappen des Bistums Münster. 


Gottfrieds Bruder Otto ist Taufpate des um 1122 getauften späteren römischen Kaisers und deutschen Königs Friedrich I. (Barbarossa) und wurde 1156 dritter Propst von Cappenberg.


Gottfried ist 1127 in Ilbenstadt gestorben. Cappenberg konnte 1148 den unteren Teil seines Leibes "heimholen" und Chorraum beisetzen. Otto starb 1171 in Cappenberg und wurde neben den Teilen seines Bruders beigesetzt.


Vor 1158 schenkte Kaiser Barbarossa dem Kloster zum Dank für seine Taufe in Cappenberg ein Johannes-Reliquiar in Gestalt eines Kaiserkopfes, das neben dem Haar des hl. Evangelisten Johannes eine Partikel des heiligen Kreuzes, eine vom Stab Aarons und viele weitere Reliquien enthielt, und eine Taufschale mit einer Darstellung seiner Taufe.


Die romanische Stiftskirche ist bis auf den heutigen Tag erhalten - nicht zuletzt wegen des ehemaligen preußischen Ministers und Protestanten Heinrich Friedrich Freiherr vom und zum Stein: Er erwarb das Kloster 1816 nach der Säkularisierung und sorgte dafür, daß die Kirche vor dem Abriß bewahrt, wiederhergestellt, dem Staat Preußen übergeben und - mit einem katholischen Priester ausgestattet - zur Pfarrkirche wurde. Heute gehört das Kloster samt Gelände (außer der Kirche) den Grafen von Kanitz (Cappenberger Linie).


Informationen hier, hier und hier. Seite der Kirchengemeinde - Geschichte


Bilder:








Romanisches Triumphkreuz (Arme modern ergänzt):



Vor dem Chorgestühl befinden sich die Retabeln des Kreuz- und des St.-Nikolaus-Altares. Man hat sie bei der letzten Renovierung modern gerahmt und die Altäre darunter (sie stammten von der vorletzten Renovierung) durch "Altar-Andeutungen" ersetzt:




Das Chorgestühl ist prächtig:



Hochaltar und Apsisfenster stammen zwar "nur" aus dem 19. Jahrhundert, sind aber wirkungsvoll:




Figur des heiligen Stifters Gottfried im Hochaltar:



Chorgestühl und Kirchenschiff von Osten:


Vor dem Altar stehen zwei spätgotische Bronzeleuchter. Der nördliche ist der Kreuzigung, der südliche der Auferstehung Christi gewidmet:






An der südlichen Chorwand: Grabplatte (um 1320) für Gottfried und Otto, einst über deren (teilweisem) Grab in der Mitte des Chors, im Barock zu einem Epitaph umgewandelt. Die beiden Geistlichen (!) sind als Grafen dargestellt und tragen, hochgotisch-lächelnd, als Stifter ein Kirchenmodell in den Händen:



Gegenüber das ehemalige Sakramentshaus, das nun Gebeine von Gottfried und Otto birgt:



Auch die (erste) Grabplatte Gottfrieds (nach 1148; heute im Südquerhaus) zeigt ihn bemerkenswerterweise in gräflicher Kleidung. Darunter trägt er allerdings den Prämonstratenserhabit, den man an den Knöpfen auf seiner Brust erkennt. 


In seiner rechten Hand hält er ein sonderbar geformtes Kreuz. Man vermutet, es ist für das Johannesreliquiar (Barbarossakopf) bestimmt, das genau darauf paßt und vermutlich zu Festen hierauf gestellt wurde:



Dieses Bild der Gottfriedtumba (Kopie im Westfälischen Landesmuseum) mit aufgestelltem Barbarossakopf hat mir ein Leser zugesandt: 



Neben dem Kopf Gottfrieds ist ein Pelikan dargestellt, der mit seinem Blut seine Jungen nährt - ein Symbol für die Eucharistie, die der hl. Ordensgründer Norbert besonders verehrt und 1124 gegen Tanchelm verteidigt hat:



Im Südquerhaus hat man bei der jüngsten Renovierung der Kirche diesen Ort für den Barbarossakopf und die Taufschale (beides in Kopie) und die Reliquien geschaffen, und zwar in einem schrägen Winkel, der genau dem Kreuz auf der Grabplatte Gottfrieds entspricht:



Der Barbarossakopf (Original):



Unten ist das "Fach" zu sehen, in dem die Hauptreliquien vom hl. Kreuz, dem Stab Aarons und den Haaren des hl. Johannes geborgen waren:



Die einst im Kopf geborgenen Reliquien befinden sich heute in drei Schubladen des neu geschaffenen Heiligtums. Hier sieht man das "Häuschen" mit den erwähnten Hauptreliqien:



Die Taufschale (Original):



Dieses Bild vom heiligen Gottfried im Südquerhaus hat die in Cappenberg aufgewachsene Gräfin Anna von Kanitz der Kirche zu deren 900 Jubiläum gemalt und vermacht:




Im Nordquerhaus hat man bei der jüngsten Renovierung offenkundig einen Altar (?) zur Ausstellung eines Retabels wiedererrichtet:



Rollstuhlrampe mit Baumberger Sandstein:



Für das moderne Ambo (vorletzte Renovierung) hatte man noch etwas Altes zur Verfügung:



Blick nach Westen zur Orgel (Caspar Melchior Vorenweg 1788, wiederhergestellt 2002-2004):



Blick ins nördliche Seitenschiff... 



... mit einer Madonna, die vom selben Künstler stammen dürfte wie die oben gezeigte Doppeltumba für Gottfried und Otto (1320):



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