Ein Hund hatte der Mutter einer Entenfamilie nachgejagt. Eines der Küken - vielleicht ein oder zwei Tage alt - blieb zurück. Seine Familie war nicht mehr aufzufinden, so nahm die Familie meiner Schwester es auf.
Mein Schwager nannte die (wie sich später herausstellte) junge Entendame in der Tradition der Speisekarten chinesischer Restaurants "H7" - meine kleine Nichte "Watschel". Ich finde "H7" cooler und bleibe dabei. ;-)
Wir alle haben H7 sofort ins Herz geschlossen. Wie ginge das auch anders:
H7 fühlte sich offensichtlich wohl und lernte schnell, z. B. das Hinterherlaufen (hier hatte sie ja früher Schwächen gezeigt):
H7 zog zu den Meerschweinchen im Garten. Die Meerschweinchinnen zeigten ihr eher die kalte Schulter, aber bei Wurzel, dem einfühlsamen Bock, fand sie Kuschelanschluß und adoptierte ihn prompt als Mutter.
H7 fraß und schwamm. Alles gut.
Die menschliche Familie fuhr für drei Wochen in den Urlaub; eine benachbarte Meerschweinchensitterin versorgte auch H7.
Lieber Leser!
Der nächste Satz enthält ein Exemplar des zur Zeit durch Falschinformation und Mangel logischen Denkens diskriminierten generischen Maskulins. genießen Sie es und solidarisieren Sie sich mit dieser bedrohten Art.
Nach dem Urlaub war H7 kein Küken mehr, sondern ein Halbstarker im Enten-Jugendkleid. Meine Schwester bekannte schuldbewußt: "Wir haben die ganze Kindheit verpaßt!"
Lieber Leser!
Der nächste Satz enthält ein Exemplar des zur Zeit durch Falschinformation und Mangel logischen Denkens diskriminierten generischen Maskulins. genießen Sie es und solidarisieren Sie sich mit dieser bedrohten Art.
Nach dem Urlaub war H7 kein Küken mehr, sondern ein Halbstarker im Enten-Jugendkleid. Meine Schwester bekannte schuldbewußt: "Wir haben die ganze Kindheit verpaßt!"
Von den Meerschweinchen hatte H7 gelernt, sich gelegentlich ins Häuschen zurückzuziehen - hier mit ihrem geliebten Wurzel:
Zum Fressen löst sie das Futter ganz entengemäß in Wasser.
Und da sie nun einmal ein Wasservogel ist, darf das Schwimmen nicht fehlen.
Dann aber begann das Drama: H7, typisch "halbstark", begann, die Meerschweinchen zu mobben. Ihr Entenbewußtsein erwachte. Die menschliche Familie - allen voran meine Schwester - faßte sich ein rationales Herz und brachte H7 zu einem nahegelegenen Teich, wo es Entenfamilien mit Kindern in H7s Alter gab.
H7 freute sich, tauchte, flatterte. Aber... Der Anschluß an die anderen, die durchaus Neugier zeigten, klappte nicht. Meine Schwester und die Kinder fuhren mehrfach am Tag hin, um zu sehen, was aus H7 würde.
Eines Tages fanden sie sie frustiert und mit dem Kopf unter dem Flügel an einem Müllcontainer, wo sie nach Auskunft eines Rentners schon eine Stunde stand.
Schon das menschliche Gehirn ist ja ein Wunderwerk, aber daß sogar in so einem kleinen Entenhirn (immerhin kein Säugetier!) die Beziehungen abgespeichert sind...
Eines Tages fanden sie sie frustiert und mit dem Kopf unter dem Flügel an einem Müllcontainer, wo sie nach Auskunft eines Rentners schon eine Stunde stand.
H7 ließ sich ohne Widerstand aufnehmen und gerne "nach Hause" bringen. Zurück bei den Meerschweinchen benahm sie sich fortan tadellos.
Hier läuft sie hinters Häuschen zu ihrem geliebten Wurzel:
Und auch die von den Meerschweinchen geliebte Paprika schmeckt ihr.
Nun sah sie sich immer mehr als Meerschweinchen, freute sich z. B., wenn es leckeres Heu gab und tat so, als ob sie es zusammen mit ihren Mitbewohner fresse. Auch wurde sie wasserscheu und ging nicht mehr schwimmen. Der geneigte Leser ahnt schon: Identitätskrise.
Meine Schwester nahm Kontakt mit einer Entenversteherin auf. Diese erklärte ihr die psychische Problematik. H7 müsse lernen, eine Ente zu sein, sonst würde sie nicht glücklich. Sie habe gerade zwei schwule Erpel da. Die seien wie geschaffen, ihr das Entensein beizubringen.
H7 in der Therapiegruppe:
Zwar meldet sich H7 über die Entenversteherin regelmäßig telephonisch. Doch ich finde, sie wirkt auf dem Bild unentspannt. Hätte sie nicht in unsere Familie glücklich werden können? (Heul!)
Nachtrag (19. 9. 2018):
Nachtrag (19. 9. 2018):
Die Therapie ist geglückt: H7 hat eine Entenfreundin und ihre eigene Entenidentität gefunden.
Heute sind sie beiden auf den Ententeich gelassen worden, von wo sie in die weite Welt ziehen können.
Meine Schwester und meine beiden Nichten haben H7 heute besucht. Wurzel war nicht dabei - war wohl besser so für beide... Als H7 die Stimme meiner kleinen Nichte hörte, kam sie übrigens angelaufen. Hoffen wir, daß die gute frühkükliche Prägung durch liebevolle Menschen und Meerschweinchen ihr hilft, im Leben zurechtzukommen. :-)
Nachtrag: Die einsamste Ente (ein Erpel) ist tot.
2 Kommentare:
Ich heule auch und könnte sie sofort wieder zurückholen, aber die Vernunft siegt (hoffentlich)!
Die Schwester
Toll ! @ Vera.Di : Und ? Warst du vernünftig? ��
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