Unter dem Lettner stand der erwähnte Kreuz- oder "Laienaltar" (1571 auf Weisung des lutherischen Bischofs Eberhard von Holle ersatzlos abgebrochen; Retabel im "Bocholter Stuhl" erhalten; s. u.).
An den Vierungspfeilern stehen (1978 nach dem Wiederaufbau aus dem St.-Annen-Museum wiedergekehrt):
1. im Südwesten der Altar der kanonischen Tageszeiten (erstes Drittel des 15. Jh.), auf dessen Retabel die Gebetzeiten der Kirche mit dem Leiden Christi verbunden werden.
- Matutin = Gefangennahme
- Prim = Verhör durch Pilatus
- Terz = Verhöhnung und Kreuztragung
- Sext = Kreuzigung
- Non = Tod
- Vesper = Abnahme vom Kreuz (daher "Maria Vesperbild")
- Komplet = Grablegung
Diese Gleichsetzung von Passion und Stundengebet geht auf die hochmittelalterliche Dichtung "Patris sapientia" zurück (näheres hier), das als Lied "Christus, der uns selig macht" bis heute im Evangelischen Gesangbuch enthalten ist (hier zur Komposition von Ludwig Selfl aus dem 16. Jh.).
2. im Nordwesten der Altar der Maria-Magdalenen-Bruderschaft der Stegnitzfahrer von 1422, der die Menschwerdung Gottes darstellt, gestiftet für die Pfarrkirche St. Nikolai von den Binnenschiffern, die über den Stegnitzkanal Salz von Lüneburg nach Lübeck brachten.
Im Mittelschrein die Madonna, begleitet von St. Katharina und St. Barbara (darunter ein Sockel für nicht mehr vorhandene Reliquien). Flügelinnenseiten (v. o. l. n. o. r.): Verkündigung, Heimsuchung, Geburt, Anbetung.
3. im Nordosten der Altar der Heiligen Leichnamsbruderschaft der Mühlenknechte von Hans Hesse (1560; hat auch in Schweden einen Altar geschnitzt) mit Maria als der apokalyptischen Frau zwischen dem hl. Martin (mantelteilend) und der hl. Katharina (den Fuß auf Kaiser Maxentius setzend).
4. im Südosten der Marienaltar mit Bild von der Einhornjagd, 1506 von Domvikar Johannes Parchem im Geiste der "devotio moderna" gestiftet, vermutlich gegen den Widerstand der Domkapitulare, die dieser "neuen geistlichen Bewegung" skeptisch gegenübergestanden haben dürften.
Mittelbild: Einhornjagd als Bild für die Verkündigung Christi mit Erzengel Gabriel mit Lanze, Horn und vier Hunden, die (nach Bernhard von Clairvaux) für die Tugenden Wahrheit und Gerechtigkeit einerseits und Barmherzigkeit und Friede andererseits stehen, die ob der Sünde des Menschen miteinander im Streit liegen. Die Menschwerdung Gottes und der Gehorsam Christi hat sie miteinander versöhnt (vgl. Ps 84/85, 11; nach Grusnick, Der Dom..., s.o.).
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