Dienstag, 17. August 2021

Eutin


Von Kirchnüchel über (Deutsch) Nüchel herab kommt man zum Kellersee, wo sich die Schönheit der Holsteinischen Schweiz entfaltet.



Hier liegt der alte wendische Ort Utin, heute Eutin, wo Missionsbischof Vicelin († 1154) nach slawischen Aufständen die Christianisierung Holsteins besiegelt hat. In dieser Zeit wanderten Siedler aus Holland und Niederdeutschland zu.


Vicelins Nachfolger Gerold wählte Lübeck zum Sitz des neuen Bistums. Doch da es dort „Streß“ mit der Bürgerschaft gab, wurde Eutin zweimal zum „lübschen Bonn“, also zum Zufluchtsort des Bischofs und des Domkapitels von Lübeck. Während des ersten Exils (1277 bis 1282) machte Bischof Burkhard eine Reise nach Rom und brachte von dort Reliquien mit, u. a. einen Splitter vom heiligen Kreuz Christi. Während des zweiten Exils (1299 bis 1317) gründete er 1309 in Eutin ein Kollegiatsstift. Für das Chorgebet der Kanoniker wurde der Chorraum im gotischen Stil neu gebaut.


Die Kirche St. Michaelis ist ansonsten noch im ursprünglichen, romanischen Zustand erhalten. Sie ist damit ein frühes Beispiel für viele holsteinische Kirchen aus der Missionszeit, die mehr oder weniger im Originalzustand auf uns gekommen sind. Eine Freude!


Die Stadt empfängt den Besucher bescheiden-prächtig:



Der Marktplatz:



Das südliche Hauptportal mit der später angebauten Südkapelle:



Sakristei und Kapitelsaal auf der Nordseite des Chores:



Die Kirche von innen:



Hinter dem Bergkristall in der Brust des Crucifixus (14. Jh.) befand sich bis zur Reformation die erwähnte Kreuzpartikel:



Die Predella des barocken Hochaltars von Jürgen Ovens von 1667 - im 19. Jh. entfernt - hat in den 1970ern ihren Ort am Eingang zum Chor bekommen:



Der Hochchor:



Das Hauptbild des barocken Hochaltars von Jürgen Ovens von 1667 - die Auferstehung Christi:



Der neue Altar von 1961 (Anröchter Dolomit, sieben Tonnen schwer) - für die (eigentlich unlutherische) celebratio versus populum vom Retabel getrennt - steht genau unter dem östlichen Gewölbeschlußstein:



Siebenarmiger Leuchter von 1444 mit Figur des Kirchenpatrons St. Michael, gestiftet von Dekan Hinrich Sotebotter:



In der gotischen Stiftssakristei findet sich der Rest des neugotischen Altarretabels, das der Eutiner Wilhelm Schönfeldt geschaffen hat und bis 1960 den Hochaltar - damals mit Apostelfiguren - zierte:



Blick nach Westen zur Metzler-Orgel von 1987:



Taufbecken (1511):





Der moderne Osterleuchter (vermutlich 1960er) ist geschmackvoll und würdig:



Marienleuchter mit Madonna von 1322 (vielleicht aus einem Marienaltar); den Leuchter hat, wie auf ihm geschrieben ist, 1760 das „Amt der Schneider“ reparieren und sechs neue „Arms“ machen lassen:




Die Kanzel von 1653, gestiftet von "Bischof" Hans von Gottdorf-Holstein, gefertigt vom Eutiner Hoftischlermeister Claus Lille:




Der (protestantische!) Prediger kommt nicht um Petrus herum:



In der Mitte des Kanzelkorbes segnet der Salvator mundi (Heiland der Welt):



Die ungewöhnlich großen Seitenschiffenster sorgen für einen hellen Raum.



Der Kirchenpatron St. Michael auf dem Kronleuchter im Kirchenschiff:



Epitaph des fürstbischöflichen Hausvogts Hennig Meyer und seiner Frau von 1670 im barocken „Knorpelstil“. Die Stifterfiguren sind „nur“ gemalt, während das übrige Werk geschnitzt ist:



Robertz-Epitaph (Maler unbekannt, nach Rubens) im Westen des südlichen Seitenschiffs:



Im Osten von St. Michaelis sind von den ursprünglichen Vikarien (Häuser für die niedrige Geistlichkeit) noch das heutige Organisten- und das Organistenwitwenhaus erhalten (links).



Auf der gegenüberliegenden Seite der Stolbergstraße bekamen nach Errichtung des Kollegiatsstifts die sechs Stiftsherren größere Grundstücke zugewiesen, die "Kurien" oder "Kapitelshöfe", von denen zwei erhalten sind. Hier bauten die adligen Stiftherren der Nachreformationszeit standesgemäß nach dem Vorbild ostholsteinischer Gutsanlagen:



Wohn- und Handwerkerhäuser an der Stolbergstraße (meist 18. Jh.):



Hier liegt das Eutiner Schloß, das in seinem Kern („steinernes Haus“) Residenz der exilierten Lübecker Bischöfe war, und seinem Park. Durch Reformation wurde das Bistum Lübeck zum protestantischen Fürstbistum. Deren Bischöfe stammten bis zur Säkularisation des Bistums dem Hause Holstein-Gottorf. Darum wurde das bischöfliche Haus im 18. Jahrhundert zu einer "fürstlichen" Barockresidenz erweitert. (Das Kollegiatsstift an St. Michaelis bestand nach der Reformation übrigens ebenfalls weiter und wurde mit dem Fürstbistum 1803 aufgelöst.)











Die katholische Kirche St. Marien (1889) - feine Neugotik. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil wurde sie zwar gründlich „entkernt“, dabei hat man aber einiges von der ursprünglichen Ausstattung bewahrt, und der Raum ist nach wie vor schön:






Kirchen in Ostholstein


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