Montag, 31. März 2008

Ökumenische Einsichten aus Göttingen und Duderstadt

In der Osterwoche hatte ich ein paar Tage frei. Ich habe diese Zeit genutzt, einen weißen Flecken meiner inneren Landkarte zu tilgen. Da es nur drei Tage waren, zog ich einen Kreis von 250 km rund um mein Haus, sah mir den Kreisinhalt an und fragte mich: Wat davon kennze nonich? Es wurde Göttingen. Eigentlich klingt der Name nach: „Da braucht man nicht hin.“ Und wirklich ist es auch keine Stadt, in der man eine ganze Woche verbringen muß. Aber an einem Tag hin, am zweiten die Stadt, am dritten ein Ausflug nach Duderstadt und eine Wanderung und am nächsten Tag wieder zurück – das lohnt sich schon.

Abends fuhr ich mit dem Auto in die Altstadt. Ich fand einen Parkplatz vor einem Etablissement, das mit einem Transparent mit der Aufschrift "Sexshop" um Kunden warb. Nicht daß ich ein solcher werden wollte. Es ist nur bemerkenswert, daß eine Schaufensteraufschrift die Branche des Ladens genauer als "Sexualwarenhandel" spezifizierte. An diesem doch nun wirklich schönen Wort merkte ich, daß ich offenbar in mitteldeutsch-lutherischen Gefilden gelandet war.

Rathaus und Gänseliesel:
















Göttingen hat einen recht großen historischen Stadtkern, in dem sich viel alte (Fachwerk-) Bausubstanz erhalten hat. Es ist auch viel Jüngeres dabei, die Nachkriegssünden halten sich in Grenzen. Ich interessierte mich natürlich für die Kirchen. Da Göttingen „Opfer“ der Reformation wurde, sind die alten gotischen Innenstadtkirchen lutherisch. Zum Glück hatte man sich nicht lange vor der Reformation in St. Jakobi und St. Albani kostbare Altäre angeschaft, die man nun beibehielt.

In St. Jakobi, an der Handelsstraße, einem Strang des Jakobsweges gelegen, mit einem mächtigen Turm, hat man in den 1990ern die Farbfassung der Rennaissance wieder hergestellt: eine surreale Wirkung! Der Hochaltar mit drei Seiten (werk-, sonn- und feiertags) ist eine Reise wert – vor allem für Mitglieder und Fans von Jacobus van Sternkamp:















Die von der Lage her eigentliche Hauptkirche ist St. Johannis mit ostfälischem Westriegel. Innen leider recht leer geräumt. Neugotische farbige Reste im Chorraum lassen auf einen Bildersturm in den 1960ern schließen.







St. Marien, alte Deutschordenskirche, sieht mit seinem Betonglas von außen so aus, als ob einen im Inneren etwas Furchtbares erwartet. Aber dä! Alles wunderbare Neugotik – inclusive lutherischem Hochaltar.




St. Albani ist die alte Dorfkirche von Gutingi, der Siedlung, deren Name auf die neue Stadt übergegangen ist. Schöne Gewölbe mit Fresken und ein sehr qualitätvoller Tafelaltar.
















An den (gegenüberliegenden) Rändern der Altstadt gibt es eine katholische (von Jesuiten betreut, mit gelbweißer Fahne zur Straße hin und furchtbarer "Osterkrippe" - keine Bilder) und eine barocke reformierte – ein in sich sehenswerter Raum, der allerdings einer Kirche wenig ähnelt und so deutlich macht, daß die Reformierten von den Lutheranern (ursprünglich) mehr unterscheidet, als die Lutheraner von den Katholiken.













Duderstadt ist ein Städtchen am Harz, an der alten (?) innerdeutschen Grenze. Ein langgezogener Markt, der sich nicht recht entscheiden kann, ob er eine Straße oder ein Platz sein will, bildet seine charmante Mitte. An seinen Enden liegen die beiden Kirchen: St. Servatius (lutherisch) und St. Cyriakus (katholisch).

















St. Servatius ist nach einem Brand gelungen im Jugendstil ausgestattet worden.











Die Propsteikirche St. Cyriakus bewahrt die Pracht der Jahrhunderte – vor allem der Gotik und des Barock – ein toller Raum.

















In der Klosterkirche der Ursulinen hat man bei der letzten Renovierung einiges gewagt: Edle (komplett neue) Ausstattung, Farbe, Gold, Radleuchter, chorige Anordnung des Gestühls. Die Wände sind mit nicht näher erkennbaren Heiligen bemalt: der Chor der unsichtbaren Kirche, der die sichtbare umsteht; dieses Motiv taucht im Radleuchter wieder auf. Leider steht der Altar ebenerdig. Dennoch - der Raum wirkt edel und würdig. Es scheint also auch hier in die richtige Richtung zu gehen.





















Auf dem „Rückweg“ von Göttingen bin ich einen großen Umweg gefahren: ich wollte mir Marienstatt ansehen, ein Zisterzienserkloster im Westerwald. Die Renovierung der Kirche ist vor kurzem abgeschlossen worden. Man hat die mittelalterliche (zisterziensische!) Farbgebung wieder hergestellt. Der Hochaltar wird m.W. beim Konventamt (5.45 Uhr !) benutzt, die scheußliche Altarinsel für die „Volksmessen“ ist noch eine Reminiszenz an die 1970er.









































War schön!

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