Sonntag, 28. August 2022

Landkirchen auf Fehmarn: St. Petri


Landkirchen ist der ehemalige Hauptort der Insel Fehmarn. Die Kirche St. Petri (um 1230) ist mit St. Nikolai in Burg eine der beiden ältesten Kirchen der Insel und eine Wucht: Nach der Reformation hat man hier einen heiligen Raum und dessen (manchmal gar nicht so heiligen Ausstattungstücke) erhalten und ihn sozusagen kryptokatholisch weiter gepflegt.


Westfront:



Glockenturm ohne Schallöffnungen:



Bei einer nachreformatorischen Renovierung hat man ausgerechnet dieses an die Macht des heiligen Petrus über die Kirche gemahnende Wort des Herrn über das Portal geschrieben:



Die Ausstattung stammt fast vollständig aus dem Barock:



Auf dem barocken Hochaltar (1715)... 



... steht ein spätgotisches Kreuz:


Der Taufort (1735):



Es hat offenkundig mal eine Triumphkreuzgruppe im Chorjoch gegeben. Nicht nur dessen Kreuz ist - heute an einem Chorpfeiler bewahrt... 



... sondern auch dessen "Assistenzfiguren" (Gottesmutter Maria und hl. Johannes Ev.) - heute im "Südchor" mit mittelalterlichen Fresken:



Ihnen gegenüber Teile des mittelalterlichen Chorgestühls - wozu es in dieser Dorfkirche (ohne Kloster oder Klerikerstift) gedient hat, entzieht sich meiner Kenntnis:



Retabel eines ehemaligen Seitenaltars:



Kanzel von 1727...



... mit einer Inschrift am Aufgang, die man protestantischerseits auch anders hätte wählen können, ist sie doch eine Aufforderung zum "katholischen Werken":




Doppelmadonna (1390):



Im Westen des nördlichen Seitenschiffs steht ein Regal mit 66 Betschemeln aus dem 17. und 18. Jh., auf denen Inschriften und Ziermarken sowie teilweise die Hausmarken einheimischer Familien zu sehen sind. Vor der Anschaffung von Kirchenbänken wurden sie, wie ich gelesen habe, von Frauen der weniger reichen Familien beim Gottesdienst genutzt. Ein kundiger Freund berichtete, sie seien damit zu den jeweiligen liturgischen Orten (Altar -> Kanzel -> Altar) "umgezogen".



Ein nicht-sakrales Ausstattungsstück ist der Landesblock, eine im 13. Jahrhundert aus einer einzigen Eiche geschnittene Truhe, in der bis 1867 wichtige Urkunden und Siegel der Landschaft Fehmarn verwahrt worden sind:



Weitere Kirchen auf Fehmarn:

Petersdorf St. Johannis - Bannesdorf St. Johannis

Burg: St. Nikolai - St. Jürgen - St. Franziskus Xaverius


Ostholstein, Wagrien, Bistum Oldenburg, Vicelins Kirchen


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Freitag, 26. August 2022

Petersdorf auf Fehmarn: St. Johannis


St. Johannis Petersdorf wurde im ersten Drittel des 13. Jh. als zweischiffige romanische Kirche erbaut und um 1300 durch einen gotischen Chor und ein drittes Schiff ergänzt (ein viertes war geplant).


Die Kirche ist von einem Lindenring umgeben; hier sind es 64 Bäume, die an den deutsch-dänischen Krieg von 1864 erinnern sollten:



Der Turm besteht fast vollständig aus behauenen granitenen Findlingen...



... was dem Portal eine archaische Gravität verleiht - von der Tür selbst einmal abgesehen:



Beim Eintritt zeigt sich, daß der Turm nicht in der Mitte steht; man schaut in ein Seitenschiff:



Im Innern ist alles edel, doch irgendwie nüchtern. Es "riecht" nach den 1950er Jahren. Das liegt daran, daß die Wände unverputzt und unbemalt sind. Bereits 1856 verfiel "die ganz altertümliche Kirche (...) einer höchst barbarischen Restauration." Ich vermute darüber hinaus eine "zeitgemäße" Renovierung in den 1950er oder 1960er Jahren. Doch vieles ist bewahrt:





Das dem doberanschen ähnelnde Sakramentshaus steht - zur Zeit unbenutzt - auf der falschen Seite, nämlich im Süden:






Taufbecken aus der Erbauungsszeit der Kirche (gotländischer Kalkstein):



Gegenüber im Südschiff geht es eher pastoral-chaotisch zu:



Nach dem, wie oben erwähnt, verwirrenden Eintritt durch den Turm lohnt sich ein Blick auf die Nordseite der Kirche, wo die Baugeschichte ablesbar ist:




Weitere Kirchen auf Fehmarn:

Landkirchen St. Petri - Bannesdorf St. Johannis

Burg: St. Nikolai - St. Jürgen - St. Franziskus Xaverius



Ostholstein, Wagrien, Bistum Oldenburg, Vicelins Kirchen


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Donnerstag, 25. August 2022

Bannesdorf auf Fehmarn: St. Johannis


St. Johannis Bannesdorf (13. Jh.) überzeugt durch den zisterziensisch wirkenden Chorraum und das Kirchenschiff, das eine Freundin "schön lutherisch geschrubbt" nennen würde:



Außen fallen die Türen zu unterschiedlichen Ebenen auf, was innen klar wird:



Das Westportal im erst 1701 errichteten hölzernen Glockenturm hat ein bißchen was von Phantasialand-Ästhetik. ;-)



Spuren der abgerissenen Sakristei:



Die Ostwand hat auffallend tiefgehende Fenster - Man wähnte sich offenbar vor Einbrechern sicher:



Die "Priesterpforte" an der Nordseite des Chorraums (Scheitelhöhe ca. 1,70 m - Hochwürden mußte also klein sein oder sich bücken):





Der Altar fällt - aus katholischem Blick sympathisch - dadurch auf, daß er offenkundig in jüngerer Zeit mit einer Mensa aus Juramarmor ausgestattet worden ist (keine Weihekreuze natürlich). 

Außerdem liegt die Altarbibel zugeschlagen hinten, vor einem (zusätzlichen modernen Altarkreuz), davor die zum aktuellen Sonntag aufgeschlagene Agende (= prot. Gottesdienstbuch):



An den Wänden des Chorraums sind (drei von vier) lateinische Kirchenväter dargestellt, herausragend die Gregorsmesse:



Der ehemalige Pfarrer an St. Johannis Bannesdorf und St. Johannis Petersdorf, Martin Grahl, erklärt im ausliegenden Kirchenführer ausführlich anhand dieses Bildes die Ablaßlehre der Kirche (natürlich lutherisch überwunden), und daß ehedem die Gläubigen vor den Chorstufen zum Gebet niederknieten, auf dieses "Gnadenbild" schauten, das sie einerseits zum Gebet anregte und andererseits durch seine Anordnung (der hl. Gregor von hinten, der auf den Altar der Bannesdorfer Kirche schaut) einen geistlichen Bezug zwischen der Vision des hl. Gregor, der Lehre vom Ablaß und der Messe am Altar in Bannesdorf herstellte.


Im Chorraum waren vermutlich alle vier lateinische Kirchenlehrer dargestellt; ein Bild ist verloren oder noch nicht freigelegt. Es bleiben zwei weitere:


Der heilige Hieronymus, oder was noch von ihm übrig ist:



Der heilige Augustinus oder Ambrosius - die Darstellung des anderen ist noch nicht freigelegt:



Die drei "Logen" der örtlichen "Vetternwirtschaft" der Bauern:



Zugang zu den "Logen" - hier erklärt sich die oben abgebildete hohe Tür:



Den Logen gegenüber an der Südwand befindet sich das ehemalige barocke Altarretabel (das Bild ist aus dem 19. Jh.; aber auch das alte ist erhalten und hängt über der Kanzel - s.o.):



Weitere Kirchen auf Fehmarn:

Landkirchen St. Petri - Petersdorf St. Johannis

Burg: St. Nikolai - St. Jürgen - St. Franziskus Xaverius



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Burg auf Fehmarn: St. Nikolai


Burg ist der größte Ort der Insel Fehmarn, und hat offenkundig die beste Eisdiele.



Die Kirche St. Nikolai ist bereits als gotischer Bau errichtet, was zeigt, daß die Mission hier erst im 13. Jh. erfolgt ist. Im festländischen Wagrien gibt es schon romanische Kirchen (z. B. in Oldenburg und Eutin).



Blick auf den Chorraum durch den klassischen Lindenring:



Granitene Findlinge, vielleicht aus einem heidnischem Heiligtum, sind im Sockel verbaut:






Der geschnitzte Stipes des Hochaltars:



Gotisches Taufbecken (1391 - man beachte den freundlichen Löwen rechts):



Lange verschollenes und 1928 wieder aufgestelltes gotländisches Taufbecken (frühgotisch, Fuß ergänzt):



Heiligenfiguren werden in Ehren gehalten - hier die der hl. Barbara:



Im nördlichen Seitenschiff...



... gelangt man zu einer Gebetskapelle, in der ein Retabel mit den sieben Worten Jesu am Kreuz in plattdeutscher Sprache zu sehen ist:



Jesus awer sä:


Vader, vergiff ehr dat. Se weet ja nich, wat se doot.


Ganz wiß, door kannst di to verlaten, hüt noch warst du bi mi wesen int Paradis.


Moder, süh dat ist dien Soehn!


Süh, dat ist dien Moder!


Ik bün so döstig!


Mien Godd, mien Godd, worüm hest du mi verlaten?


So, nu is allns in de Reeg bröch!


Vader, ik barg mien Seel in dien Hann!


Unten:

Sin Bloot makt und rein vun alle Sünn’n. In em hebbt wi Freden.






Weitere Kirchen auf Fehmarn:

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