Verehrte Mitmenschinnen und Mitmenschen im
Paralleluniversum!
Ihr ehrenhaftes Ansinnen, die Gleichberechtigung der
Geschlechter auch sprachlich aus- oder gar durchzudrücken, ist nach hiesiger
Wahrnehmung in eine Sackgasse geraten. Denn es gibt ja nach bei Ihnen
vorherrschender Meinung nicht nur Männchen, Weibchen und Zwitter, sondern eine
Fülle weiterer Geschlechter. Damit sind zweigeschlechtliche Formulierungen wie „Schülerinnen
und Schüler“ defizitär, antiquiert, ja sexistisch.
Um die beiden klassischen Geschlechter
sprachlich zu inkludieren, hatte sich bereits die Universität Leipzig weiland zur
durchgehend weiblichen Bezeichnung entschieden. Den vielen neu entdecken anderen
Geschlechtern sprachlich gerecht werden will die Berliner Humboldt-Universität mit einer x-Endung für alle Geschlechter, die leider unaussprechbar
ist.
Schon der Versuch, das
Wort „Bürgermeisterkandidat“ grammatisch der Geschlechtergerechtigkeit
anzupassen, führt zu skurrilen Ergebnissen. Wenn man aber erst versuchte, den Vers Lukas 6, 39 allein für
die beiden herkömmlichen Geschlechter gerecht zu übertragen, käme dabei heraus:
„Kann auch ein Blinder oder eine Blinde einem oder einer Blinden den Weg
weisen? Werden sie nicht alle beide in die Grube fallen – oder alle drei – oder
alle vier?“ – Nicht zu denken an die anderen Geschlechter!
Auch die von Ihrem unterstützenswerten Bestreben beseelten
sprachlichen Versuche in seriösen Medien wie dem Deutschlandfunk und anderen
Staatssendern führen mittlerweile dazu, daß man deren Nachrichten nicht mehr mit der gebotenen Aufmerksamkeit auf den Nachrichteninhalt hören kann, weil, wenn Sie diesen rustikalen Ausdruck erlauben, die Sprache versaut/-ebert/-schweinxt wird, was den gedankliche Fokus vom Eigentlichen (?) ablenkt.
Sie sehen: So geht es mit der
geschlechtergerechten Sprache nicht weiter!
Erlauben
Sie einen ebenso wohlgemeinten wie revolutionären Vorschlag, der aus dem beschriebenen diskriminierenden Dilemma führt: die gedankliche Trennung des
biologischen Geschlechts vom grammatischen. Schauen Sie sich diese erstaunlich einfache Lösung anhand dreier Beispiele an:
Das Rind
(neutrum)
„Das Rind“ kennt nach herkömmlicher Ansicht zwei
biologische Geschlechter: die Kuh (fem.) und den Bullen resp. nach Kastration den
Ochsen (beide mask.) – weitere natürlich möglich. Wenn nach dem hier unterbreiteten Vorschlag jemand „das Rind“ sagte, bedeutete das nicht, daß er
den männlichen, weiblichen oder andersgeschlechtlichen Individuen dieser
Gattung ihre jeweilige Geschlechtlichkeit abspräche.
Die
Seegurke (feminin)
Entsprechendes wie für „das Rind“ gilt für „die
Seegurke“, für deren maskuline oder feminine Individuen dem Verfasser keine Bezeichnungen bekannt sind.
Formulierungen wie „der Seegurkerich“ oder –
gedanklich herausfordernder – „die Seegurkin“ wären bei Annahme des vorgeschlagenen Verfahrens verzichtbar.
Der Mensch
(maskulin)
Das Wort "Mensch" bezeichnet ein Säugetier, dessen Individuen
nach herkömmlicher Ansicht zwei, nach den erwähnten neueren Erkenntnissen in Ihrem Universum über
fünfzig Geschlechter kennt. Grammatisch wäre nach diesem Vorschlag ein
männliches, weibliches oder sonstwiegeschlechtliches Exemplar dieser Gattung
immer noch „ein Mensch“ (grammatisch maskulin). Also: Niemand, der „der Mensch“ sagt, würde nach diesem
Vorschlag damit behaupten, daß das gemeinte Individuum dieser Gattung biologisch
maskulinen Geschlechtes sei.
Übrigens: Daß die altertümliche Bezeichnung des weiblichen
Menschen, „das Weib“, im deutschen grammatisch neutral ist, wäre dann auch
nicht mehr problematisch, weil ja Grammatik und Biologie/Ideologie getrennt
wären.
In unserer, Ihnen vermutlich fremden Welt geht übrigens - das wird Ihnen anrüchig erscheinen - niemand „zur Metzgerin oder zum Metzger“, er bemüht auch nicht „den Computerfritzen
oder die Computer(innen)trulla“. Hier, wo Sie immer gerne willkommen sind, wird diese gedankliche Trennung von biologischem und grammatischem
Geschlecht schon vollzogen – übrigens mit besten Erfahrungen: Man versteht
sich. Kommen Sie vorbei!
Freundliche Grüße aus einer fernen Welt – und toi
toi toi!