Dienstag, 25. September 2018

Lourdes


Immer wieder fahre ich gerne mit dem Malteserzug Münster ins südfranzösische Lourdes, wo 1858 die Gottesmutter Maria dem Mädchen Bernadette Soubirous erschienen ist.

Franz Werfel hat die Geschichte genial und eindrucksvoll erzählt in seinem Roman "Das Lied von Bernadette", das auch verfilmt worden ist.

Man kann eine solche Wallfahrt nicht beschreiben, man muß sie erleben. Dennoch ein Versuch in knapper Form und fünf Punkten:

1. In Lourdes erlebt man zuerst einen alle ergreifenden Frieden, der - von himmlischen Mächten abgesehen - davon ausgeht, daß hier immer die Kranken und Leidenden an vorderster Stelle stehen: Alle nehmen Rücksicht und setzen statt Ellenbogen lieber ein Lächeln und eine helfende Hand ein. 

2. Vor der Grotte (der Erscheinungen Mariens) brummt die Gegenwart des Himmels wie ein Trafohäuschen. Das ist natürlich nur subjektiv empfindbar, aber auch hartgesottenen Jenseitsverleugnern wird es schwer fallen, sich der Kraft der vielen stillen Gebete (und dessen, das diese auslöst) zu entziehen. 

3. In Lourdes erlebt man das "neue Volk" Gottes aus allen Nationen, die Weltkirche. Pilger aus aller Welt kommen hier in dem einen, christlichen Glauben zusammen und erleben sich als Familie Gottes.

4. In Lourdes darf man "unverschämt" katholisch, gläubig sein: Man darf z. B. vor der Grotte knien und den Rosenkranz beten, man darf beichten, ohne daß das jemand daran Anstoß nähme.

5. Wer in Gemeinschaft über mehrere Tage eine Wallfahrt (nicht nur) nach Lourdes macht, erfährt sich (aktiv und passiv) in einer Solidarität der Hoffenden, denen sich der Himmel öffnet.

6. (aus einer eingegangenen Reaktion auf diesen Post) In Lourdes werden 99,8 % der Kranken nicht geheilt, aber alle fahren glücklich nach Hause.

Nach etlichen Lourdeswallfahrten, auf denen ich nie einen Photoapparat mitgenommen habe, will ich nun endlich einige mit dem Funktelephon gemachte Bilder veröffentlichen. Auch einige Mitpilger haben Bilder beigesteuert. Ich hoffe, im nächsten Jahr auch Bilder vom Inneren der beiden alten Basiliken hinzufügen zu können.

Eine ausführliche Beschreibung der Kirchen und ihrer Ausstattung findet sich hier.

Blick von Osten auf die Basilika der Unbefleckten Empfängnis (oben) - dies ist die "Kapelle", die die Gottesmutter zu errichten gewünscht hat - feine französische Neugotik, errichtet 1862-71, kunstvolle Ausstattung, u. a. Cavaillé-Coll-Orgel von 1873. Unten die 1883-89 erbaute Rosenkranzbasilika mit 15 Conchen, in denen die klassischen Gesätze des Rosenkranzes in Mosaiken dargestellt sind.





Unterhalb der Basilika von der Unbefleckten Empfängnis befindet sich am Ufer des herrlich erfrischenden Pyrenäenflusses Gave die Grotte, in der die Gottesmutter Maria der Heiligen Bernadette erschienen ist.








Die auf Geheiß der Gottesmutter von Bernadette ergrabene Quelle in der Grotte, aus der das "Lourdeswasser" quillt:
   


Malteser mit den Kranken und Hilfsbedürftigen auf dem Weg zum Kreuzweg:





Wegen der vielen Pilger wurde in den 1950er Jahren die hochmoderne und brutalistische unterirische Basilika St. Pius X. erbaut, die 25.000 Menschen faßt. Hier finden sonntags die "internationale Messe" und täglich der Abschluß der Sakramentsprozession in einer eucharistischen Anbetung mit anschließendem sakramentalem Segen statt, der von Ärzten begleitet wird, um etwaige Wunderheilungen zu bezeugen. Der Bau symbolisiert ein in die Erde gelegtes Samenkorn. Der Altar steht in der Mitte, nördlich der Bischofs-/Priestersitz und Priesterchor, dahinter die Sakramentskapelle, gegenüber die den Raum füllende Orgel und die Chortribüne.

Der Altar ist - am tiefsten Punkt des Raumes - um zehn Stufen erhöht, sieben bis zu einer ersten Standfläche, drei bis zum Altar, auf dessen Vorder- (West-) Seite sich das Bild des Brennenden Dornbusches befindet.




Zwischen den "Pfeilern" sind - nach dem Datum ihrer Feste geordnet - Bilder von Heiligen aufgehängt.


Wenn man bei Prozessionen zum Altar schreitet, kommt man auf dem Weg zum "spirituellen Höhepunkt" der "neuen Sachlichkeit", einem Gully:











Sakramentskapelle in der Basilika St. Pius X:





Nach der  an jedem Sonntag stattfindenden internationalen Messeziehen ziehen alle zur Grotte, um den Angelus zu beten. Hier gehen die Priester nach dem Angelus zurück zur unterirdischen Basilika.





Gekrönte Marienfigur auf der Esplanade.



Bei der allabendlichen Lichterprozession, einem vielsprachigen und durch Gesänge erweiterten Rosenkranzgebet:






1988 wurde die scheußliche Kirche St. Bernadette auf dem der Grotte gegenüberliegenden Ufer des Gave erbaut. Hatte die unterirdische Basilika St. Pius X. bei aller "Modernität" noch Geist und rauhen Charme, ist solches hier vollends verflogen.






  
Am letzten Tag unserer Wallfahrt 2018 empfing uns auf dem Weg zur Grotte das Gavetal mit einem Nebellicht, das zauberhaft überirdische Bilder hervorrief:














Mittwoch, 19. September 2018

Kranenburg - Kreuzwallfahrt

Kranenburg liegt am äußersten nordwestlichen Niederrhein, selbst von Kleve aus hinter dem (Reichs-) Wald, also eigentlich schon in den Niederlanden. Aber es ist eine - wenn auch durch den Zweiten Weltkrieg schwer in Mitleidenschaft gezogene - Stadt, die einen Besuch wert ist: wegen ihrer Geschichte, ihrer Kirche und eines Wunders - und mehrerer weiterer.

1280 hatte ein Christ die heilige Kommunion nicht wirklich empfangen sondern den Leib Christi in das Loch eines Baumes gelegt. Er beichtete das Sakrileg, aber die Hostie blieb im Baum. 1308 schaute man dann in dem Baum nach und barg die Figur des gekreuzigten Christus, der sofort anfing, Wunder zu wirken. Ein Wallfahrtsstrom setzte ein, das Kanonikerstift von Zyfflich verlegte sich nach Kranenburg. 

Das Stift wurde im Zuge der Säkularisation aufgehoben, einer der Kanoniker der erste Pfarrer der Pfarrei St. Peter und Paul. Bis heute wird dort die Kreuzwallfahrt gehalten.


Im religiös toleranten Herzogtum Kleve gibt es auch in katholischen Orten alte protestantische Kirchen.



Die religiöse Toleranz im Herzogtum Kleve war weltweit einzigartig: Der Herzog blieb trotz des 80jährigen Konfessionskrieges, der sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu den entstehenden Niederlanden und auch auf seinem Herrschaftsgebiet vollzog, tapfer katholisch, verfügte aber, daß jeder seinen Weg zum Himmel selber wählen und die Geistlichen der Konfessionen sich doch bitte gegenseitig nicht die Augen auskratzen sollten.

Da der Landesherr - obwohl katholisch geblieben - nun von den Protestanten auch als Kirchenoberhaupt angesehen wurde, war er für die Ordination der calvinistischen Prediger zuständig. Diese Aufgabe übertrug er dem Propst des (katholischen!) Stiftes Kranenburg. Ach, das waren noch Zeiten...

Zur Stiftskirche:







Hochaltar:



Marienaltar im Nordschiff:




Vor dem Kreuzaltar im Südschiff ist zur Kreuzwoche der wundersame Corpus ausgestellt:
  

Engel an der Spitze des Kreuzaltars:




Außerhalb der Kreuzwoche ist der wundersame Corpus in diesem Tabernakel aufbewahrt:




Unterhalb des wundersamen Corpus befindet sich eine Reliquie des Kreuzes Christi.



Links vom Kreuzaltar:



Gewölbe über dem Kreuzaltar:



Die heilge Katharina im südlichen (Kreuz-) Seitenschiff:



Ebenda die heilige Barbara...



... und der heilige Rochus:



Im westlichen Mittelschiff der heilige Christophorus - Schutzpatron gegen einen jähen Tod:



Über dem Südportal die heiligen Kirchenpatrone Petrus und Paulus:



Angetan war ich von der Figur des heiligen Josef mit seinem göttlichen Pflegesohn. Man beachte die "Vokuhila"-Frisur, von der ich bis dahin gar nicht wußte, daß es sie schon in der Nazarenerzeit gab. ;-)





Im Nordschiff befinden sich aus der Zeit des Stiftes Evangelistenbilder (17. Jh. - Repliken von Hendrick ter Brugghen, Originale in Deventer), die es mit Caravaggio aufnehmen können.

Der Evangelist Markus:



Der Evangelist Johannes:



Die Kreuzwegstationen 1-6 und 9 stammen von Bruno Ehrlich - was für eine Intensität!