Donnerstag, 4. Juni 2020

Altenberger Dom


Recht nahe bei Köln liegt im Bergischen Land der Altenberger Dom. Er ist 1259-1379 als Kirche der 1133 dort gegründeten Zisterzienserabtei erbaut worden. Es handelt es sich also um den elf Jahre jüngeren "zisterziensischen" Bruder des Kölner Doms. 


Wegen der Kirchbau-Bräuche des Zisterzienserordens (siehe auch hier) wurde auf einen Turm verzichtet. Man verwendete nur sehr dezente Farben und (zumindest in der Anfangsphase) nicht-figürliche Dekoration. 


Denn der heilige Bernhard war dagegen. Nach Robert von Molesme war Bernhard sozusagen der wirkliche Gründer des Zisterzienserordens: Er hat "den Laden so richtig in Schwung" und zu unglaublichem Erfolg gebracht. Befreundet mit dem damaligen König von Frankreich Ludwig VII. und Abt Suger von St. Dionysius (Saint-Denis) bei Paris (westfränkische Königsabtei und -grablege), stand er sozusagen mit an der Wiege des neuen, französisch-königlichen Stils, den man später "Gotik" nannte, lehnte aber in seiner Strenge alles ab, was die armen Gläubigen in seinen Augen nur verwirren würde. Darum sollten die Kirchen seines Ordens zwar dem rationalen Plan und dem Lichtprinzip der Gotik folgen, dabei aber auf Prunk und figürliche Darstellungen verzichten. Die für die Gotik entscheidend-wichtigen Fenster (eigentlich leuchtenden Wände) wurden in den Zisterzienserkirchen höchstens mit Ornamenten aus der Natur (Blätterformen) in Grautönen ("Grisaille") verglast. 


(Wie das zur Zeit des heiligen Bernhard verwirklicht wurde, sieht man in Fontenay - hier klicken und bis Fontenay runterrollen oder nach "Fontenay" suchen.) 

Das ist in Altenberg verwirklicht worden. Erst gegen Ende der Bauphase sah man es nicht mehr so eng: Das Westfenster aus dem 14. Jahrhundert, das historisch den Abschluß des Baus darstellt, ersetzt das zisterziensische Grau durch Goldgelb und stellt viele Menschen und Engel dar, dies allerdings immer noch zurückhaltend, wenn man es mit nicht-zisterziensischen Kirchenfenstern dieser Zeit vergleicht.


Nun zum Rundgang:


Hier hat das "Haus Altenberg" seinen Sitz, die Jugendbildungsstätte des Erzbistums Köln. Man sieht auf dem folgenden Bild unten links das Christusbanner der katholischen Jugend. Altenberg war in der Nazizeit ein Ort, zu dem katholische Jugendliche zu tausenden pilgerten und unter dem Schutz Mariens im Glauben gestärkt wurden. Das 1935/36 entstandene Altenberger Wallfahrtslied "Nun Brüder, sind wir frohgemut" erscholl damals aus tausenden jungen Kehlen und wurde so zur christlichen Hymne gegen den den Wahn des Nationalsozialismus. Das Lied ist hier zu hören.








Verkündigungsdarstellungen, wie diese moderne, finden sich mehrfach im Altenberger Dom.



Blick vom Westportal zum westlichen Klostertor:



Gotisches Strebewerk, zisterziensisch schlicht: die Wasserspeier nur funktional ausgeführt (keine Fialen, Krabben, Dämonen oder sonstigen Viecher):



Zum Westfenster im Mittelschiff kommen wir später noch.



Im Westfenster des nördlichen Seitenschiffs ist vermerkt: "Zum Gedächtnis an König Friedrich Wilhelm IV., den Erneuerer des Altenberger Domes, 1840-46". Dieser preußische König, der auch für die Vollendung des Kölner Doms gesorgt hatte, hat den Wiederaufbau der Altenberger Abteikirche verfügt, die seit dem ein Simultaneum ist: Katholiken und Protestanten teilen sich die Kirche (kostenmäßig 2/3 zu 1/3; das Land Nordrhein-Westfalen ist Eigentümer).



Das südliche Seitenschiff hat keine Fenster, weil sich daran der Kreuzgang anschloß.








Das spätgotische Sakramentshaus stand aus ökumenischer Rücksichtnahme bis vor kurzem leer. Nun ist der Herr wieder da, wie das Ewige Licht anzeigt.




Wenn man südlich des Hauptchors durch den Chorumgang geht, kommt man zunächst zur Marienkapelle:



Im Chorumgang stehen noch alle Altäre. Der im Bild rechts scheint auch zur Messe genutzt zu werden. Bei diesem "kultisch erregenden Blick" sei darauf hingewiesen, daß an jedem Freitag am Hochaltar der Kirche die Messe in der alten Weise gefeiert wird. (Stand 3. Juni 2020: freitags 18.00 Uhr; ab 17.00 Anbetung und Beichtgelegenheit).



Grisaille-Fenster in einer Chorkapelle:



Die Chorscheitelkapelle:





Die Abteikirche ist auch Grablege der Herzöge von Berg



Nördlich des Hauptchores befindet sich die Taufkapelle - wieder mit einer Verkündigungsdarstellung (ursprünglich am Westportal) und einem bemerkenswert "ordentlichen" Altar:



Das ehemalige Herrscherhaus Berg (seit 1423: Jülich und Berg) präsentiert sich bis heute an der Grablege seiner Ahnen:



Die Orgel (Klais 1980):



Blick ins Nordquerhaus: Das Fenster ist, jedenfalls was das Maßwerk angeht, das schönste des Doms:





Das Westfenster:






Im Westteil der Kirche sind Kreuzwegstationen in ergreifenden Sandsteinreliefs in die Wand eingelassen. Sie stammen m. W. aus den 1930er Jahren. (Im Netz finde ich keine Informationen.) Beispiele:


4. Station: Jesus begegnet seiner Mutter.




6. Station: Veronika reicht Jesus das Schweißtuch.



10. Station: Jesus wird seiner Kleider beraubt.



11. Station: Jesus wird an das Kreuz genagelt.



12. Station: Jesus stirbt am Kreuz.



Im nördlichen Seitenschiff findet sich diese dem Simultaneum geschuldete, künstlerisch gelungene Plastik: Der heilige Bernhard und Martin Luther unter dem Kreuz.



Der älteste erhaltene Bau von Altenberg ist die St. Markus-Kapelle von 1225: 





Dieses Banner ist die Stadtfahne von Venedig, wo sich "neuerdings" das Grab des heiligen Evangelisten Markus befindet.




Marienkrönung an der Westwand der Markuskapelle:



Wenn man schon im Bergischen Land ist, sollte man Schloß Burg (keine Bilder) und die 1897 eingeweihte Müngstener Brücke (damals "Kaiser-Wilhelm-Brücke") nicht versäumen, die mit 107 m höchste Eisenbahnbrücke Deutschlands:





1 Kommentar:

Prinzessin Eugena hat gesagt…

Wunderbare Ansichten zur Auffrischung alter "Heimatgefühle". Nur den Gestiefelten Kater habe ich vermisst 😉😉