Mittwoch, 29. April 2009

Antwort des WDR

Auf dieses Schreiben:

Sie kritisieren mit sehr deutlichen Worten, dass der WDR den Gottesdienst zur Einführung von Bischof Genn in Münster nicht im WDR Fernsehen übertragen hat. Ihre Frage „Ist es Unüberlegtheit oder Kirchenhass?“ und Ihre weiteren - drastischen - Ausführungen überraschen mich offen gestanden sehr. Bitte sehen Sie es mir daher nach, wenn ich Ihnen zunächst mit Nachdruck widerspreche - insbesondere Ihren Behauptungen, es gebe „Kirchenfeindliche Kapriolen des WDR“, eine „Offenbar hassgetriebene Auswahl von Themen“ in einer Sendung unseres Hauses und eine Behandlung von Themen in „verhöhnender und oft sogar verhetzender Weise“. Sie haben keine dieser polemischen Behauptungen konkret belegt.

Unabhängig davon möchte ich Sie über die Genese und die Gründe dafür informieren, dass wir den Gottesdienst zur Einführung von Bischof Genn nicht übertragen haben – und darüber, wie und in welchem Umfang wir über Bischof Genn in der Tat berichtet haben (Ernennung, Abschied in Essen, Einführung, Aufgaben).

Der WDR überträgt seit Jahrzehnten regelmäßig Gottesdienste in enger Zusammenarbeit mit den christlichen Kirchen im nationalen ARD-Fernsehprogramm Das Erste. Grundlage der Übertragung von Verkündigungssendungen ist eine Vereinbarung mit der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche Deutschland. Sie räumt den christlichen Kirchen gegenüber allen anderen relevanten gesellschaftlichen Gruppierungen eine Sonderstellung ein, die ihrer besonderen Bedeutung in der Gesellschaft Rechnung trägt.

In diesem Jahr überträgt der WDR im Ersten vier Gottesdienste, die von den Kirchen in Eigenregie hinsichtlich Inhalt, Form und Ausstrahlungstermin gestaltet werden. Die Kirchen entscheiden im Rahmen ihres Kontingentes selbst, welchen Gottesdienst sie im Ersten zeigen wollen und sie können auch Sondergottesdienste beantragen. Für das Pontifikalamt zur Einführung von Bischof Genn ist kein solcher Sondergottesdienst von Seiten der katholischen Kirche beantragt worden.

Der WDR greift inhaltlich nicht in die Gottesdienstplanung der Kirchen ein. Wir stellen kostenfrei die Produktionsmittel und redaktionelle Unterstützung zur Verfügung. Auch das samstägliche „Wort zum Sonntag“ fällt unter die Vereinbarung mit den Kirchen. Der WDR beteiligt sich in diesem Jahr in der ARD mit 15 Terminen. Wie bei den Gottesdiensten, obliegt auch hier die Auswahl der Sprecher, Themen und Übertragungstermine den kirchlichen Beauftragten. Der WDR stellt Technik und redaktionelle Betreuung zur Verfügung.

In diesem Jahr produziert der WDR aufgrund der Entscheidung der kirchlichen Rundfunkbeauftragten zum Beispiel die Übertragungen des Karfreitag-Gottesdienstes, der Fronleichnamsmesse, der Messe zu Allerheiligen und zum Jahresende der Christvesper. Für diese WDR Verkündigungssendungen im Ersten steht ein Gesamtetat zur Verfügung, den wir nicht ohne weiteres erhöhen können.

Die gesamte Gottesdienstplanung geschieht im Verbund und in Absprache mit den anderen ARD-Sendern und dem ZDF, so dass ARD und ZDF an allen Sonntagen sowie hohen Feiertagen immer einen Gottesdienst ausstrahlen. Wichtige Anlässe wie Kirchentag oder Katholikentag werden durch zusätzliche Termine im Ersten berücksichtigt, ebenso Gedenkgottesdienste aus besonderem Anlass. Das geschieht in Absprache mit dem ZDF, denn Doppelübertragungen wären gegenüber dem Gebührenzahler nicht zu rechtfertigen.

Diese Gottesdienste werden etwa ein Jahr vor Ausstrahlung geplant und gemeinsam mit den kirchlichen Rundfunkbeauftragten vorbereitet. Der lange Vorlauf ist nötig, da zum Beispiel Aufbau und Länge der Gottesdienste die Sehgewohnheiten der Zuschauer berücksichtigen und fernsehdramaturgisch speziell aufbereitet werden. Die von den Kirchen intendierte Botschaft soll beim Zuschauer ankommen und das Erleben am Fernseher ist ein anderes als im Gotteshaus direkt. Gemeinsames Ziel von Rundfunkbeauftragten und Redakteuren ist dabei, nicht nur die stark im Glauben Verwurzelten zu erreichen, sondern besonders auch die Unentschlossenen, aber für die christliche Botschaft Aufgeschlossenen. Deshalb sind diese Gottesdienste zum Beispiel in der Regel nicht länger als 60 Minuten.

Das Pontifikalamt zur Einführung von Bischof Genn in Münster entsprach mit einer Gesamtlänge von zwei Stunden und 33 Minuten nicht diesen Voraussetzungen. Es hätte umstrukturiert und gekürzt werden müssen.

Wie bereits angedeutet, ist unser nationales Programm Das Erste das für die Gottesdienste vorgesehene Fernsehprogramm. Liturgische Übertragungen in den Dritten Programmen der ARD sind kein Standard. Ausnahmen sind Gottesdienste aus Anlass von Katastrophen oder anderen nicht vorhersehbaren Ereignissen.

Drei bis vier zusätzliche Gottesdienste pro Jahr im WDR-Programm würden bedeuten, dass der gesamte Etat der WDR-Redaktion Religion ausgeschöpft wäre. Aus diesem Etat wird unser sonntägliches Religions-Programm „tag 7“ finanziert. Wie bereits dargelegt, hat die kirchliche Verkündigung in unserem Programm bereits eine Ausnahme-Stellung. Daher sind unsere ergänzenden, von den Kirchen unabhängigen redaktionell verantworteten Programme von besonderer Bedeutung.

Ich möchte auf einen weiteren Aspekt hinweisen: Wie Sie sich vorstellen können, muss im Falle von Sondergottesdiensten gleiches Recht für alle Glaubensgemeinschaften gelten, auch für die evangelische Kirche und die jüdischen Gemeinschaften. Deshalb bedarf jeder zusätzliche Gottesdienst der sehr genauen Prüfung und Abwägung gegenüber den Ansprüchen anderer.

Unser öffentlich-rechtlicher Kernauftrag aber ist die journalistische Berichterstattung. Selbstverständlich gehört dazu die Begleitung kirchlicher Ereignisse. Über den Gottesdienst zur Einführung von Bischof Genn hat unsere landesweite „Aktuelle Stunde“ mit Bildern vom Tage und einem Porträt des Bischofs berichtet. Über die Ernennung von Bischof Genn im Dezember 2008 hatten wir ebenfalls in unseren Landesprogrammen berichtet (Aktuelle Stunde und WDR aktuell), auch in unseren Lokalzeiten Duisburg, Münster und Essen waren wir auf die Ernennung eingegangen. Die Lokalzeit Münsterland berichtete mehrfach, stellte Bischof Genn vor, zeigte ihm beim Abschiednehmen vom Ruhrbistum. Darüber hinaus haben die Aktuelle Stunde und die Lokalzeiten zum Beispiel über den letzten Gottesdienst des Essener Bischofs und über den Treue-Eid Bischof Genns auf die NRW-Landesverfassung in der Staatskanzlei berichtet (am 10.03.2009).

Zusätzlich wurde am 28.03., am 29.03. und am 30.03. ausführlich über die neuen Aufgaben des Bischofs von Münster berichtet. In der Woche nach seiner Einführung haben sich unsere Lokalzeiten den ersten Tagen von Bischof Genn im Amt gewidmet.

Wir werden uns mit den Kirchen über das künftige Vorgehen bei Sondergottesdiensten noch einmal austauschen.

(...) Ich würde mich freuen, wenn Sie nach Lektüre dieses Briefs zu einer anderen Beurteilung unseres programmlichen Umgangs mit der Amtseinführung von Bischof Genn gelangen würden.

2 Kommentare:

Stanislaus hat gesagt…

Jetzt mal ganz ungeschminkt:

Eine sachliche Antwort, zu der ich zwar noch die eine oder andere Frage hätte, aber meckern kann man da jetzt nicht.

AnguloJuan hat gesagt…

Ich hätte auch nicht gedacht, dass die das Thema doch so ernst nehmen und ausführlich antworten...